2. Teil des Gesprächs von ELFI OBERHUBER mit Fotokünstler PAUL ALBERT LEITNER und Jazz-Bandleader KYLE EASTWOOD. Auf das asketische Meditieren folgt das sinnliche Reisen. Mit direkter Auswirkung auf die Kunst. Für Einführung und Teil 1 scroll down.
Kurzprofil KYLE EASTWOOD, geb. 19.5.1968 in Kalifornien/USA (Sternbild Stier). Zweites Kind von Hollywoodstar Clint Eastwood und dessen erster Ehefrau Maggie Johnson. Der Vater, Jazzfan und Hobbypianst, bringt den Sohn zum Jazz und arbeitet mit ihm als Filmkomponist (Mystic River, Million Dollar Baby -Oscar-Abräumer 2005, Letters from Jima - Oscar 2007 u.a. für Ton-Schnitt, CD-Veröffentlichung Februar 2007). Kyle, kurz Schauspieler, lernt Bass autodidaktisch. Macht Mainstream-, Contemporary-, Hard Bop-, Cool-, Funky-Jazz. Zunächst in vielen Bands. Heute Leader einer wahrlich sexy "Jazz-Boy-Group". Erste CD 1998 From There to Here (Sony) mit Miles-Davis-Gil-Evans-Einfluß, zweite CD 2005 Paris Blue, jüngste CD Ende 2006 Now. Seit Paris Blue arbeitet Elektronikinstrumentalist und Kompositeur Michael Stevens eng mit Kyle Eastwood zusammen. Now (Record Label / Rendezvous Entertainment) ist ein grenzüberschreitender Genremix aus Postmodernem Jazz, Pop und Club (mit einer The Police-Song-Interpretation). Mit Gesang und Songwriting von Jamie Cullums Bruder, Ben Cullum, sowie der Neuen Garde der britischen Underground-Jazzbläserszene Graeme Flowers und Dave O´Higgins aus London, wo Kyle Eastwood lebt.
Fremde Städte und ein Kind - zwei Inspirationen Kurzprofil KYLE EASTWOOD, geb. 19.5.1968 in Kalifornien/USA (Sternbild Stier). Zweites Kind von Hollywoodstar Clint Eastwood und dessen erster Ehefrau Maggie Johnson. Der Vater, Jazzfan und Hobbypianst, bringt den Sohn zum Jazz und arbeitet mit ihm als Filmkomponist (Mystic River, Million Dollar Baby -Oscar-Abräumer 2005, Letters from Jima - Oscar 2007 u.a. für Ton-Schnitt, CD-Veröffentlichung Februar 2007). Kyle, kurz Schauspieler, lernt Bass autodidaktisch. Macht Mainstream-, Contemporary-, Hard Bop-, Cool-, Funky-Jazz. Zunächst in vielen Bands. Heute Leader einer wahrlich sexy "Jazz-Boy-Group". Erste CD 1998 From There to Here (Sony) mit Miles-Davis-Gil-Evans-Einfluß, zweite CD 2005 Paris Blue, jüngste CD Ende 2006 Now. Seit Paris Blue arbeitet Elektronikinstrumentalist und Kompositeur Michael Stevens eng mit Kyle Eastwood zusammen. Now (Record Label / Rendezvous Entertainment) ist ein grenzüberschreitender Genremix aus Postmodernem Jazz, Pop und Club (mit einer The Police-Song-Interpretation). Mit Gesang und Songwriting von Jamie Cullums Bruder, Ben Cullum, sowie der Neuen Garde der britischen Underground-Jazzbläserszene Graeme Flowers und Dave O´Higgins aus London, wo Kyle Eastwood lebt.
- In welcher Verbindung Kyle Eastwood zu Jazzpianist - und Bandleader Jon Regen (in www.intimacy-art.com / artists / talks / vision) und dem Underground- Club- Jazz- Genre steht, erfährt man über intimacy: art (www.intimacy-art.com) in REALNEWS / WATCHER (bzw. TIPPS) / Archives: March. Titel: TANZEN AB 30: BEI PEE WEE ELLIS, PRINCE, KYLE EASTWOOD & JON REGEN
Foto © Paul Albert Leitner: Brno, 1997
intimacy-art: Die Inspriation für Ihre CD "Paris Blue" holten Sie sich nun auf Reisen. Wie Asketen, die sich als Pilger beim Reisen in spiritueller Tiefe selbst finden, um ihren Standpunkt gegenüber dem Weltgeschehen zu reflektieren. Inwiefern wurde Ihre Musikwelt nun von den Städten Marakesh, Solferino, Paris beeinflußt?
KYLE EASTWOOD: Geschrieben habe ich die meisten Nummern in Paris, und den Titel Marrakesh tatsächlich nach einem Trip in Marokko. Ich war dort vier, fünf Mal. Beim ersten Gang durch den Markt hörte ich diese Musik, wo die Einheimischen außerhalb des Platzes spielen. Später stellte ich mich immer dorthin, während meine Freunde einkauften, um zu lauschen. Manchmal spielten sie auch für tanzende Schlangen. Der Titel lebt daher von der folkloristischen Musik des mittleren Ostens. Er ist sehr romantisch.
intimacy-art: Der Titel "Solferino" kommt mir sinnlich-schwül vor. Ist das dort so?
EASTWOOD: Solferino ist eine Straße in Paris, also nicht der Ort in Italien, mit einer Brücke für Fußgänger über der Seine, mit Bänken und nahe dem Ort in Paris, wo ich mit meiner Tochter lebte, und mit meiner Exfrau - die von spanischer Herkunft und in der Mode arbeitend naheliegenderweise auch ein gutes Kunstgespür hat. Dorthin ging ich also fast jeden Tag - manchmal aus Spaß, machmal zum Mittagessen - und ließ die Atmosphäre auf mich wirken. (Er stockt, beobachtet durchs Fenster den stürmischen Hagel und lacht verwundert.)
PAUL ALBERT LEITNER: Nanu, haben wir schon April?
EASTWOOD (lacht): ... ja, das war also ein inspirierender Platz für mich.
intimacy-art: Und der elegant-verträumte "Paris Blue"-Covertitel ist, glaube ich, von Ihrer Tochter inspiriert?
EASTWOOD: Ja, meine Tochter hat das Motiv über lange Zeit am Klavier gespielt, sodass ich nach einem "Mach weiter!" zwei Mikros am Piano befestigte. Sie mußte es dreimal spielen, ich legte die Strings darunter, und das Intro war fertig. Das war sozusagen der Samen, woraus dann das Lied erwuchs.
"Pilger" auf Atmosphärensuche
intimacy-art: Und Paul Albert Leitner ergeht sich - tatsächlich wie ein asketische Pilger - reflektierend die Städte, nicht?
LEITNER: Nun, um das "Gefühl" einer Stadt zu erfassen, lese ich mich vorher gut ein, dann bewege ich mich als anonymer, zahlungsschwacher Tourist, ökonomisch vorgehend, zu Fuß und voll konzentriert vom Zentrum in immer größeren Kreisen nach außen. Ich wandere mit der Sonne, und weiß ich, wie sie sich dreht, kommt vielleicht nach großer Erschöpfung noch die Seite dran, die vorher im Schatten lag. Die Motive selbst wiederholen sich eigenartigerweise in jeder Stadt in zwanzig Themengruppen: Fassaden, Typografien, die Peripherie mit Müll, Ruinen, sowie Industrie-Landschaften: dort gibt es etwa immer typisch "aufgeladene" Tankstellen. Wie jene in Podersdorf, die man mit dem Mythenbild des Roadmovie assoziiert. Ähnlich ist es mit Edward-Hopper-Barsituationen. Die habe ich im Hinterkopf, was dann in der Atmosphäre des Fotos durchscheint. Und bin ich hier noch der Sammler, so werde ich dann beim Auswählen und Kombinieren zum reflektierenden Dichter: ich verdichte alles zu einer Ausstellung, wie zur 25-Bilder-Auswahl in der Galerie Steinek oder beim Buch Cities, Episodes mit 455 Fotografien bzw. dem jetzt erschienenen Buch Wien: Momente einer Stadt, mit den markantesten Fotos der letzten zehn Jahre. Die Fotos sind immer auch Zeitdokumente, da viele fotografierte Plätze, Lokale, Reklametafeln heute gar nicht mehr bestehen. Deshalb bekommt bei mir jedes Foto auch einen Zeit-Ort-Titel.
intimacy-art: Haben Großstädte eine funky Atmosphäre mit groovy Rhythmus, wie es in den Titeln "Big Noise", wo Ihr Vater Clint Eastwood pfeift, und "Cosmo" durchklingt? Repräsentiert das für Sie den Prototyp einer Urbanität?
EASTWOOD: Ja, das kann man sagen. Mit dem Vorteil, dass sich solche Musik wirklich in allen Großstädten spielen läßt. Denn die urbane Publikumsmentalität ist weltweit homogen. Ich bin aber generell kein Jazz-Snob, kann mich sehr an Popmusik und anderem erfreuen. Bei meiner ersten CD From There To Here ließ ich mich von Miles Davis´ und Gil Evans´ gemeinsamem, großem Orchesterjazz beeinflussen. Diese typischen, traditionellen Arrangements mag ich sehr, sodass ich sie im Soundstil übernahm. Und vorher spielte ich in Funk-Bands. Und in allen meinen Alben repräsentiere ich prinzipiell verschiedene, bevorzugte Stile.
Foto © Paul Albert Leitner: Schottenbastei,
aus Vienna: Moments Of a City
Von den Askesefarben zur Erkenntnisgewinnung
intimacy-art: Die Askese-Farben sind nun Grün (Hoffnung, Natur, Ruhe), Blau (Treue, Keuschheit, Unergründlichkeit, Ferne) und vor allem Violett. Was für Farben und Töne finden sie am schönsten?
EASTWOOD: Manche Kinderstimme, Naturgeräusche und auch Autohupen - dabei dachte ich schon an ein Sample. Und Blau ist mir die liebste Farbe, aber auch leidenschaftliches Rot.
LEITNER: Bei den Farben schließe ich mich an, ich mag auch Orange. Bei Blau denke ich an Dämmerung und Großstadt-Saxophon-Sound, wenn ein Ozeandampfer in den Hafen einfährt, mit dem lauten: "Wööööööh." Beim Fotografieren achte ich aber nur unterbewußt, intuitiv auf Farben. Ein Highlight ist, wenn eine Farbe pur daher kommt, wie beim blauen Bauzaun in Manhattan, eine Situation, die man beim Film bestellen müßte. Und "Rote Menschen" passieren mir immer wieder auf der Welt, wie der Schuljunge im roten Trainingsanzug, oder die Portugiesin, bei der absolut alles rot war: Schuhe bis Handtasche. Am stärksten inspiriert mich aber sicher Musik: Salsa sitzt mir in Havanna zum Beispiel von der Ankunft am Airport bis zur Abreise im Ohr. Wenn du da durch die Straßen gehst, ist das das reinste Salsa-Konzert. Ein heißes Gefühl hat dieser Salsa.
intimacy-art: Ich kenne einen Fotografen, der auf den Straßen immer Mädchen ansprechen muß und sie zu intimen Fotoshootings einlädt. Fallen Ihnen auch Mädchen auf?
EASTWOOD (lacht): Nun, gelegentlich. Eigentlich mag ich aber Architekur, besonders alte, wovon Europa so viel hat, und die Natur. Ein Sonnenuntergang ist für mich immer sehr anziehend, da ich nahe dem Ozean aufgewachsen bin.
intimacy-art: Erweitert Reisen Ihrer Ansicht nach tatsächlich den Horizont?
EASTWOOD: Bestimmt. Es lehrt dich mehr als irgendeine Schule. Ich wuchs glücklicherweise - da mein Vater in Europa arbeitete - vielreisend auf. Meine Mutter war immer sehr in Vaters Berufsweg involviert, obwohl sie zuvor Sekretärin war. Dabei malte sie in Spanien sehr viel nach Fotografie-Vorlagen. Diese Umsetzungslust habe ich wahrscheinlich von ihr übernommen. Dass man als Jazzer verschiedene Stadt-Atmosphären tanken kann, ist also tatsächlich für das Lebensgefühl bereichernd.
intimacy-art: Und Ihnen wird vom vielen Reisen sicher schwindelig!
LEITNER: Das kann man sagen, ja. Denn das Reisen ist heute gar nicht mehr so einfach, wie man glaubt. Mich mit der Mobilität aller Menschen zu konfrontieren, während ich immer noch ein altmodischer Reisender bin, verschafft mir Probleme. Angefangen von den Klimaanlagen bis zur Schulterentzündung beim Fahren bei offenem Fenster. Diese Strapazen vergißt man also danach lieber.
intimacy-art: Wie steht es im Gegensatz zur Fremde mit Ihrem Heimatbewußtsein?
LEITNER: Es steht ein Wort im Reisepaß, das als Heimatland gelten soll, für mich stimmt jedoch: Meine Bibliothek ist meine Heimat.
EASTWOOD: Meine Heimat kann nur manchmal die Musik sein, eher ist es das, wo meine Tochter lebt, oder wo ich aufwuchs: bei meiner Mutter. - Mein Vater lebt mit seiner Frau in der Nähe davon. Selbst wenn ich sie nur ein-, zweimal pro Jahr besuche und das nicht wirklich meine Lebensbasis ist.
intimacy-art: Haben Sie eine Familie?
LEITNER: Nein.
intimacy-art: Also ein Single-Mann. - Der aber vielleicht seine Verantwortung gegenüber der Menschheit übers Publikum ausleben kann: Haben Sie das Bedürfnis nach Sinnstiftung?
LEITNER: Wenn meine Bilder in den Leuten eine Erkenntnis, eine Reflexion auslösen, ist das mein Ziel, ja.
EASTWOOD: Bei mir können sie sich durchaus unterhalten, da es Teil und Wert der Musik-an-sich ist. Allerdings soll diese Musik schon von künstlerischer Qualität sein, die zu bewegen vermag.
Foto © Paul Albert Leitner: Schmelzgasse,
aus Vienna: Moments Of a City
(Interview-Auszug vom 22.1.2005, volle Länge in Print (Deutsch+Englisch) / Audio (halb Deutsch, halb Englisch) über intimacy-art@gmx.at)
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